Es war einmal    Spezialgebiete und Referenzen     Preise    AGB       Impressum      Links     Kontakt     Version française

 

ANMERKUNGEN EINER ÜBERSETZERIN

  

© Dominique Souse

 

ÜBERSETZUNGEN

Französisch – Deutsch

 

IRENE BESSON

                                                                                                        

Aber ach! schon fühl' ich, bei dem besten Willen,
Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
Aber warum muss der Strom so bald versiegen,
Und wir wieder im Durste liegen?
Davon hab' ich so viel Erfahrung.
Doch dieser Mangel lässt sich ersetzen:
Wir lernen das Überirdische schätzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends würd'ger und schöner brennt
Als in dem Neuen Testament.
Mich drängt's, den Grundtext aufzuschlagen,
Mit redlichem Gefühl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu übertragen.
 Geschrieben steht: 'Im Anfang war das Wort!'
Hier stock' ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
Ich muss es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
Dass deine Feder sich nicht übereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
Schon warnt mich was, Dass ich dabei nicht bleibe.
Mir hilft der Geist! Auf einmal seh' ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) - Faust - der Tragödie erster Teil. Tübingen, 1808

 

© François Besson

                                                                                               

Übersetz das doch mal kurz

In der Literatur, der Wirtschaft, im Alltag - es gibt sie einfach überall. Und doch werden sie oft übersehen. Übersetzer vermitteln und verbinden, bringen Kulturen zusammen und machen Fremdes vertraut…und müssen trotzdem um ihre Anerkennung kämpfen.

Eine Glosse von CAROLIN TETZEL für die WDR-Rundfunksendung „Resonanzen - Die Welt aus dem Blickwinkel der Kultur“

Übersetz doch mal kurz, manchmal auch, übersetz doch mal schnell. Oft im Sinne von: Ist doch nicht so schwierig - gebraucht. Beliebte Fragen um einen Übersetzer nicht nur in seiner Berufsehre zu kränken, sondern ihn auch schlicht und doch zu ergreifen, zu nerven. Selbstverständlich könnten Übersetzer auch mal etwas schnell und kurz erledigen; etwas erledigen heisst in diesem Zusammenhang : sie übertragen einen meist schriftlich fixierten Text von einer Ausgangssprache in eine Zielsprache unter Berücksichtigung sprachlicher, kontextueller und kultureller Faktoren. Doch erkennt der Durchschnittsmitmensch mit Schulenglisch und dem Reisesprachführer Spanisch in Taschenform die Übersetzungsleistung nicht immer an. Wer würde schon zu seinem Zahnarzt sagen : Guten Tag, könnten Sie mir bitte mal kurz das Lock flicken, soeben im Vorbeigehen die Spritze setzen, ein bisschen Keramik irgendwo, Hauptsache grob im Mundbereich verschmieren – und fertig ist die Chose. Nein, man hat doch das dumpfe Gefühl, der Zahnarzt sollte sich bei seiner Arbeit Zeit lassen, Zeit nehmen, sich konzentrieren. Ließe der Zahnarzt sich dazu hinreißen, seine Arbeit eben mal kurz, schnell auszuführen, könnte das unter Umständen schmerzhafte Folgen haben. Mal eben abgerutscht mit dem Bohrer, autsch. So ist es aber auch beim Übersetzen. Sprachlich ist schon der eine oder andere abgerutscht, ausgerutscht. Das sollte dem Übersetzer nicht passieren. Sonst steht womöglich auf dem Beipackzettel Ihrer Medizin gegen die Gengivitis, der Zahnfleischentzündung : Es empfehle sich ein konservativer Arzt, während die Behandlungsmethode in Ihrer Nähe sein sollte. Eine gewisse Verantwortung trägt der Übersetzer allemal, wenn er eine Brücke zwischen spanischen und deutschen Mundhöhlen schlägt, sprachlich natürlich nur, und dann bitte nicht die Kronenflucht mit dem spanischen Königshaus in Verbindung bringt. Halten wir fest : nicht nur dentale Erlebnisse bringen schmerzliche Erfahrungen, nein, Sprache kann auch wirklich weh tun. Auch die eigene. Wenn man sie nicht richtig einsetzen tut, manchmal drückt und zwickt ein Satz, manchmal auch nur ein kurzes Wort wie ein falsch sitzendes Implantat. Zeitungen sprechen von der nicht mehr aufzuhaltenden Weltwirtschaftskrise in 2009, was mich sofort dazu veranlasst, das « in » vor der Jahreszahl aufzuhalten, bevor es sich vollkommen in die deutsche Sprache drängt. Denn was im Englischen funktioniert, « in 2009 », gilt bei uns auch im Jahre 2010 noch lange nicht. Zumindest nicht grammatikalisch. Und manchmal fährt es einem regelrecht in die Zähne, wenn man manch zusammengezimmertes Kauderwelsch lesen oder hören muss. Free flights werden als freie Flüge in der Werbung angepriesen. Da bin ich doch mal so frei und sage, das ist zwar kein gutes Deutsch, aber ein faszinierendes Beispiel dafür, dass die Übersetzung zweier leicht verständlicher englischer Wörter zu einer verbalen Bruchlandung führen kann. Dabei kann doch jeder heutzutage Englisch, irgendwie, das lernt man doch im Job, so nebenher. Aber wo lernt man eigentlich deutsch? Ach ja, richtig, gar nicht, denn Muttersprache kann man ja automatisch. Ein bisschen Sprachkenntnis hier, ein wenig Sprachbegabung dort, und fertig ist der Zahn mit der roten Markierung: hier war mal ein Loch. Aber die Wurzelbehandlung unter den Übersetzerverächtern ist das Verkennen des gesamten Übersetzungsprozesses. Mund auf, Wörterbuch auf, so einfach ist das doch. Während Sie aber Ihre kariesversuchten Mundwerkzeuge besser vom Zahnarzt und nicht vom Urologen untersuchen lassen, sollten Übersetzer ihrer Kompetenzen auch nicht beraubt werden. Der Zahnarzt hat natürlich dabei immer einen entscheidenden Vorteil: Bei offenem Mund kann man ihm schlecht reinreden in seine Arbeit.